Der Schmied und das Hufeisen an Heiligabend

Der Meister besieht sich seinen Gesellen,
“ein guter Schmied ist er geworden denkt er bei sich, langsam sollte er sich nach anderen Meistern umsehen, ich kann ihm nichts mehr beibringen und er ist noch jung und kann noch viel lernen, die vielen Sachen die ich nicht mehr lernen und verstehen werde.”

“Du weißt doch, wir verwehren IHM das ganze Jahr Esse und Amboss wenn wir Hammer und Zange gekreuzt liegen lassen, es ist Heiligabend, da sollte man gegenüber allen großherzig sein. Es ist nur noch Kohle da für einen Schmiedegang und die alten Holzknorren halten die Glut lange", so der Meister.

Der Geselle zieht mit dem Feuerhaken den Schlackekuchen aus der Esse, legt zwei knorrige Stücke Holz in die Esse und deckt sie mit der Glut zu. In der Zwischenzeit legt der Meister Hammer, Zange und ein Stück guten Stahl an den Amboss.

“So, noch eine Kerze in den Schraubstock, das war es dann, Licht, Feuer, Werkzeug, das reicht für ein Hufeisen.”

Der Geselle lächelt als beide die Werkstatt verlassen, der Meister lässt die Tür zur Schmiede weit offen stehen, “für alle Fälle” denkt er, “ich kann es mir so schon nicht vorstellen, aber dass er durch den Schornstein kommt, das halte ich doch für sehr unwahrscheinlich.”

Der heilige Abend ist ein schönes Fest geworden, die Kinder waren da und auch die Kinder der Kinder, es wurde gestaunt, gegessen, getrunken und gelacht. Und es wurde spät, erst nach Mitternacht waren sie heimgegangen und die weit angereisten hatten auch ihre Schlafstatt gefunden.

“Gehst Du noch einmal raus?” fragt die Frau des Schmieds,
“ja, es ist wegen der Holzstöcke, die an der Esse trocknen, ich lege noch ein bißchen was nach, schließlich ist es feucht und ich möchte nicht daß die Hölzer wieder Wasser ziehen.”

Beide mußten lachen, wußten doch beide nur allzu gut wieso und weshalb.

Die Tür zur Schmiede war zu und durch die verrußten Glasscheiben konnte der alte Schmied ein flackerndes Licht sehen. “Das ist doch nicht möglich” dachte er und trat in die Werkstatt.

Im Schraubstock brannte die Kerze und in der Esse ein zorniges Feuer, weil eine massige Gestalt den Blasebalg wie der Teufel blasen ließ. “Mach dein Maul zu, sonst zieht es hier noch mehr” sagte die massige Gestalt, die mit einem Arm immer wieder den Blasebalg pumpte während die andere ein Stück Stahl im Feuer einhielt. “Wenn Du schon vorwitzig bist, dann mach dich auch nützlich, sich selbst ein Hufeisen anzupassen ist gar nicht so einfach.”

Rein gewohnheitsmäßig legte der alte Schmied die schwere Lederschürze an und griff zum Hammer. Ohne ein Wort zu sagen schauten beide in das Feuer und als der glühende Stahl auf dem Amboss zu liegen kam, hörte man den Takt von zwei Hämmern, der die Menschen schon so lange begleitet. Der Stahl war schnell geformt und gedornt.

“So, das ist das ungefähre Maß” sagte der Gehörnte, “jetzt bist Du an der Reihe, Du weißt doch noch wie das geht?”

“Ich habe schon lange nicht mehr beschlagen, ich weiß nicht ob ich das noch kann.”

“Für deine Gedanken habe ich jetzt keine Zeit, das alte Hufeisen klappert und juckt, mach schon!”
sagte der Leibhaftige, wendete ihm seinen breiten Rücken zu und hob den Unterschenkel an. Die schon lange nicht mehr gebrauchte Zange für diese Arbeit war schnell gefunden, die Nägel hingen nur noch lose im Horn und fielen schon fast heraus, das alte Eisen fiel scheppernd auf den Boden.

“Das wäre getan, ich muss noch ein bißchen hier und da richten”
sagte der alte Schmied, dein Huf sieht ziemlich verwahrlost aus.”

“Mach deine Arbeit und mach sie gut, mehr sage ich nicht und ich geb Dir gleich -verwahrlost-.”

Mit flauem Gefühl wird geraspelt, das Eisen angepasst, genagelt und gefeilt. “So, fertig” sagt der alte Schmied nicht ohne Stolz, der so eine Arbeit schon lange nicht mehr gemacht hat, vor allem nicht an einem solchen Huf, der einem starken Kaltblüter nicht nachsteht.

“Ich weiß was Du denkst, wenn ich einem damit einen Tritt in den Hintern verpasse vergisst er das nicht solange er noch keuchen kann” sagt der Gehörnte und lacht laut schallend. “Jetzt die Rechnung, eine Arbeit ist immer des Lohnes wert, was verlangst Du für dein Tun, das Eisen ist gut und ich merke es nicht einmal, sozusagen eine fast rundum perfekte Arbeit.

Wie wäre es mit
einem Sack voller Gold,
vielleicht noch hundert Jahre leben,
Ruhm oder

sonst etwas was euch Menschen immer so im Kopf herumspukt?”

“Du bietest mir Ruhm, ich lebe schon so lange ohne ruhmreich zu sein, die paar Jahre die mir bleiben werde ich ihn auch nicht vermissen, wieso sollte ich noch hundert Jahre leben, ich müßte zusehen wie alle sterben die ich liebe, ein Sack voller Gold ist kein Lohn für diese Arbeit, ein Handwerker soll immer das für seine Arbeit nehmen was die Arbeit wert ist, leg zwei Münzen in die alte Tabaksdose dort, das reicht für Stahl und Kohle,

meine Arbeit ist ein Geschenk zum heutigen Abend”

war die Antwort des alten Schmieds. “Menschlein, jetzt bin ich schon so lange da und lerne immer noch dazu” sagte der Teufel und legte zwei schwere alte Goldmünzen mit einer unbekannten Prägung in die alte Tabakdose. “Du wirst jetzt sagen, es ist zuviel, aber das ist es nicht, ich werde deine Dienste jetzt jedes Jahr in Anspruch nehmen, es ist sozusagen eine Anzahlung.”

Dann griff er einen Hammer und zwei der übriggebliebenen Hufnägel und schlug geschwind sein altes Hufeisen mit der Öffnung nach oben an die Wand der Schmiede.

“Lass es dort hängen, es bringt kein Glück und keinen Segen, das kannst Du von mir nicht erwarten, aber wenigstens hält es Dir die anderen bösen Geister fern” sprach er noch und ging nach draußen, “noch ein letztes Wort Schmied, danke dafür dass Du die Tür offen gelassen hast, es ist wirklich keine Freude sich durch einen Schornstein zu zwängen, und ja, ich werde dich empfehlen.”

 

Schweißnass wachte der Schmied in der Früh auf, der Morgen schien fahl über den Wald.

“Was ein schlimmer Traum” dachte er bei sich und stand auf. Nach dem Frühstück mit seiner Frau und seinen weihnachtlichen Besuchern fiel ihm plötzlich wieder das Feuer in der Schmiede ein. “Ich muß nachlegen, sonst ist das Feuer aus” dachte er bei sich und ging zur Schmiede.

Die Tür war im Schloss und mit einem plötzlich unbekannten seltsamen Gefühl im Leib betrat er seine Werkstatt. Das Feuer war erloschen, alles kalt, genauso kalt wie die schweren Goldmünzen in der Tabaksdose und dem großen abgetretenen Hufeisen an der Wand.

Ungläubig starrte er abwechselnd immer wieder von der Tabaksdose an die Wand bis sich ein Gedanke in seinem Geist bildete der ihn noch ungläubiger in die Welt sehen ließ, “um aller Himmels willen, wem wird er mich empfehlen?”

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